Soziale Medien (wie Facebook, Instagram oder Twitter) bieten nahezu perfekte Bedingungen für die extreme Rechte, um Menschen für die eigenen Zwecke zu mobilisieren und zu radikalisieren. Während wir vor wenigen Jahren noch über die Verbreitung von “Fake News” diskutiert haben, haben rechte Demagog*innen die Zeit genutzt diese in Verschwörungsmythen und Feindbildkonstruktionen einzuweben. Gefühlt hinkt man in der Bekämpfung von rechten Inhalten immer den Entwicklungen hinterher. Die verschiedenen sozialen Medien und Plattformen entwickeln sich ständig weiter und diversifizieren sich. Rechte Netzwerke und Akteur*innen passen ihre Strategien entsprechend an, um ihre demokratie- und menschenfeindlichen Ziele zu verfolgen.
Soziale Medien und ihre Rolle in der Strategie der rechten Szene
YouTube und Telegram werden besonders von Verschwörungsideolog*innen genutzt, um ihre Verschwörungserzählungen an ein möglichst breites Publikum senden zu können. Auch Spotify und Clubhouse werden von der rechten Szene geschickt genutzt, um ihre rechten Weltbilder via Audio zu verbreiten. Twitter und Facebook werden schon seit Jahren verwendet, um gezielte Hasskampagnen gegen bspw. Politiker*innen, Menschen mit Fluchterfahrungen oder Medienschaffende zu hetzen. Häufig unter Verwendung von Falschnachrichten. Facebook und Telegram werden zudem von rechten Gruppierungen dafür genutzt, sich zu organisieren und für rechte (online und offline) Kampagnen und Demonstrationen zu mobilisieren.
Imageboards (wie 4chan, 8kun oder Kiwifarms) fungieren ebenfalls als Radikalisierungskammern für rechte Communities, wie QAnon oder Incels, in denen Memes mit rechtsextremen Inhalten entwickelt werden. Diese streuen über direkte Nachrichten über WhatsApp, Telegram und Co. teilweise in breite Bevölkerungsschichten hinein. Messengerdienste wurden in der Vergangenheit zudem mehrfach von extremistischen Gruppierungen genutzt, um konkrete Anschlagsplanungen vorzunehmen.
Im Vergleich zu anderen Diensten, ist die Rolle von Instagram in rechten Radikalisierungs- und Mobilisierungsstrategien lange Zeit nicht um Fokus öffentlicher Diskurse oder wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Dabei handelt es sich bei Instagram keinesfalls um einen Raum, der von rechter Propaganda gefeit ist.
Die rechte Szene auf Instagram
Instagram spielt eine zunehmend wichtige Rolle für die Rekrutierungsstrategien von rechten Organisationen und Gruppierungen, wie bspw. die Identitäre Bewegung (IB) oder die AfD. Ein Vorstandsmitglied der Jungen Alternative (JA) Berlin (die Jugendorganisation der AfD, welche vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft wurde) berichtete dem Correctiv, dass sein Landesverband circa die Hälfte der Neuzugänge über Instagram rekrutiert werden. Innerhalb dieser Strategien spielen besonders Frauen eine bedeutende Rolle, die als Aushängeschilder instrumentalisiert werden.
Correctiv hat in diesem Zusammenhang breite Rechercheergebnisse im Oktober 2020 veröffentlicht. Die Ergebnisse sind gut aufbereitet, falls ihr euch mit dem Thema tiefer auseinandersetzen wollt, dann lest im Anschluss “Kein Filter für Rechts” vom Correctiv. Nachfolgend baue ich auf den Rechercheergebnissen auf und reichere die Erkenntnisse mit eigenen Instagram-Recherecheergebnissen an. Die Namen von den erhobenen Accounts habe ich dabei unkenntlich gemacht, um ihnen keine zusätzliche Reichweite zu geben, die genutzten Screenshots stammen aus der eigenen Erhebung.
Auch wenn Instagram (wie einige andere Plattformen) im letzten Jahr viele Konten der kulturrassistischen IB gesperrt hat, verbleiben immer noch viele weitere rechte Accounts, die mehr oder weniger offen für ihre rechten bis rechtsextremen Ideologien werben. Die rechte Szene hat unterschiedliche Herangehensweisen für das heterogene Publikum auf Instagram entwickelt, die ich nur auszugsweise vorstellen kann:
Teilweise wird Instagram dafür genutzt Werbung für rechte Onlineshops zu machen, hier ein Beispiel von einem Post zu einem Sticker. Der entsprechende Onlineshop war verlinkt, wurde aber von mir entfernt. In diesem Post finden sich auch einschlägige Hashtags, wie #vaterland, die auch bei der Auswertung von 4500 Instagram-Accounts durch das Correctiv als zentral identifiziert wurden. Es finden sich auf Instagram viele ähnliche Beiträge mit Werbung für T-Shirts mit rechten Symboliken und ähnlichem.
Runen sind auf Instagram ein wichtiges Erkennungszeichen für die rechte Szene. In meiner Recherche ist mir häufig die O-Rune (ᛟ) auch in den Bios (Profiltexten) von entsprechenden User*innen aufgefallen. Diese steht für “Land, Erbbesitz” und wurde im Nationalsozialismus als “Blut und Boden” gedeutet. Zudem wurde sie in leicht abgewandelter Form von Untergruppen der SS genutzt.
In dem ausgewählten Post findet man die Elch-Rune im Profilbild, die bei den Nationalsozialisten auch als “Lebensrune” gelesen wurde. Sie wurde u.a. vom SA-Sanitätswesens genutzt. Im Hintergrund des Fuchses ist die in der rechten Szenen extrem beliebte Schwarze Sonne zu sehen. Sie ist als zwölfarmiges Hakenkreuz zu verstehen und ist eines der bekanntesten Erkennungssymbole der extremen Rechten. Die Verwendung des Symbols ist jedoch bisher nicht strafbar.
Falls ihr euch unsicher seid, welche Symbole und Runen was bedeuten und ob sie strafbar sind oder nicht, dann informiert euch bei: bpb, belltower oder recht-gegen-rechts.de.
Der Text des Posts zeigt zudem die Bezüge, die die Rechten versuchen zur Natur herzustellen. Extrem viele Posts, die ich untersucht habe, wurden mit den Hashtags #natur oder #wandern versehen. Wer sich dafür interessiert, was die extreme Rechte aus dieser vermeintlichen Naturverbundenheit zieht (obwohl sie die Klimakatastrophe leugnen), kann sich unseren Blogartikel zu Ökofaschismus informieren.
Wie eingangs erwähnt, spielen Frauen eine wichtige Rolle für die Instagram-Strategie der rechter Akteur*innen. “Sie bilden die Brücke von der vorgeblich unpolitischen Ästhetik auf Instagram in ein rechtes Weltbild und letztlich in rechtsextreme Kreise.” (Correctiv 2020) Auf Social Media wird schon seit Jahren ein Konflikt über die Geschlechterrollen ausgetragen. Über Accounts von rechten Frauen auf Instagram, versucht die rechte Szene ihr Rollenverständnis der Frau zu propagieren.
Während die extreme Rechte ihre antimuslimischen und rassistischen Positionen versucht damit zu begründen, dass Frauen im Islam unterdrückt würden, zeigen sie auf Instagram offen antifeministische Positionen mit einer klar tradierten Rollenzuschreibungen. Frauen sind im rechten Weltbild Ehefrauen, Mütter und Liebhaberinnen und haben ihren biologischen Zweck, den der Fortpflanzung, zu erfüllen. Das Frauenbild hat sich seit dem Nationalsozialismus in der rechten Szene scheinbar nicht bedeutend weiterentwickelt.
Häufig werden entsprechende Posts und Storys mit Hashtags, wie #femininnotfeminist versehen. Es wird versucht hier einen Gegensatz von Weiblichkeit und Feminismus aufzubauen und dieses Bild gesellschaftlich durchzusetzen. Selbstbestimmtheit und Karriere sind nur was für Männer. Die sexistischen und homophoben Positionen, die sich daraus ergeben, lassen sich nicht nur bei Incels wiederfinden, sondern im gesamten rechten Spektrum.
Was hilft? – Digitale Zivilcourage
Was könnt ihr tun, wenn euch NS-Symbole, Hassrede, konkrete Gewaltandrohungen, Holocaust-Verleugnungen, menschenverachtende Posts oder Kommentare auf Instagram oder anderswo im Netz begegnen:
- bei strafrechtlich-relevanten Inhalten: Screenshot machen und der Polizei melden.
- den Post oder Kommentar der entsprechenden Plattform melden
- den anonymen Hassmelder unter: www.hassmelden.de nutzen
- die Beschwerdestelle von jugendschutz.net unter: www.hass-im-netz.info/melden.html in Anspruch nehmen
Abgesehen von den Anzeige- und Meldemöglichkeiten, könnt ihr besonders bei Kommentaren Gegenrede unterstützen, indem ihr Gegenrede zu Hasskommentaren oder echter Hetze liked oder diese positiv kommentiert. Geht nicht auf rechte Kommentare direkt ein, dadurch pusht ihr diese im Algorithmus in der Aufmerksamkeit nach oben.
Zeigt digitale Zivilcourage und helft dabei die Dienste, die ihr nutzt ein Stück weit sauber zu halten. Dafür ist es auch wichtig den Druck auf die Plattformanbieter zu erhöhen, damit diese sich vermehrt gezwungen sehen selbst aktiv zu werden.
Closmann, Julia (2020): Unsocial Web. Beitrag in der Working-Paper-Reihe “Forum Demokratieforschung: Beiträge aus Studium und Lehre” des Fachgebiets Demokratieforschung am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg.
Correctiv (2020): Kein Filter für Rechts. Wie die rechte Szene Instagram nutzt, um junge Menschen zu rekrutieren.
Ebner, Julia (2019): Radikalisierungsmaschinen. Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren, Berlin: Suhrkamp.
Fielitz, Maik/Marcks, Holger (2020): Digitaler Faschismus. Die sozialen Medien als Motor des Rechtsextremismus, Berlin: Duden.
United! – Gemeinsam gegen Rechtsextremismus (2020): Braune Wäsche. Über rechtsextreme Symbole und ihre Bedeutung.
Schwarz, Karolin (2020): Hasskrieger. Der neue globale Rechtsextremismus, Freiburg: Herder.