Was ist Rassismus?
Bevor der Begriff erläutert wird sei eine Sache vorweggenommen: Es gibt keine Menschenrassen, das ist ein wissenschaftlicher Fakt. Es gibt allerdings eine soziale Rassifizierung, sprich die haltlose Erfindung von Menschenrassen, die dazu dienen sollen Mensch in ein hierarchisches System einzuordnen (Hasters 2020: 5).
Rassismus ist “eine Ideologie, eine Struktur und ein Prozess, mittels derer bestimmte Gruppierungen auf der Grundlage tatsächlicher oder zugeschriebener biologischer und kultureller Eigenschaften als wesensmäßig andersgeartete minderwertige ,Rassen’ oder ethnische Gruppen angesehen werden. In der Folge dienen diese Unterschiede als Erklärung dafür, dass Mitglieder dieser Gruppierungen vom Zugang zu materiellen und nicht-materiellen Ressourcen ausgeschlossen werden” (Essed 1992: 375). In seiner Definition greift Essed sowohl den klassischen, als auch den Kulturrassismus (oder auch Neo-Rassismus) auf.
Klassischer Rassismus stellt auf eine hierarchische Differenzierung von angeblich biologischen unterscheidbaren menschlichen “Rassen” ab. Besonders im Kolonialismus wurde diese Art von Rassifizierung genutzt, um Ausbeutung, Herrschaft und Sklaverei mittels einer natürlichen Überlegenheit der weißen “Rasse” zu legitimieren. (Foroutan 2020: 12) Auch die Wissenschaften haben, von der Aufklärung bis ins 20. Jahrhundert hinein, dazu beigetragen dieses Weltbild zu festigen, indem sie versucht haben die Existenz von “Rassen” vermeintlich zu beweisen. Auch wenn spätestens mit einer Reihe von Studien in den 1970er Jahren der Mythos von menschlichen “Rassen” endgültig widerlegt worden ist, lebt der klassische Rassismus in rechten Weltbildern weiter fort.
Kulturrassismus
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde, mit der Diskreditierung des biologischen Rassismus, der Begriff der “Rasse” nach und nach mit dem unbelasteten Wort “Kultur” umgedeutet. Die Mechanismen bleiben jedoch gleich. Anstatt aufgrund der Hautfarbe wird beim Kulturrassismus anhand von Kultur, Ethnie, Religion oder Nationalität ein hierarchisches System der Ungleichheit begründet. Spätestens seit den pseudo-wissenschaftlichen Büchern von Sarrazin ist die Verbreitung kulturrassistischer Ansichten in Deutschland offensichtlich geworden. U.a. die Identitäre Bewegung (IB), Pegida und die AfD haben auf diesem Diskurs aufgesetzt und viele Kernelemente des Kulturrassismus übernommen oder basieren vollständig auf dieser Ideologie.
Alikhani, Behrouz/Rommel, Inken (2018): Aufstieg des Kulturrassismus: Von Huntington zu Sarrazin, in: Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft, 12, S. 9-24.
Eddo-Lodge, Reni (2019): Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche, London: Bloomsbury Publishing.
Foroutan, Naika (2020): Rassismus in der Postmigrantischen Gesellschaft, in: APuZ, 42-44, S. 12-19.
Hasters, Alice (2019): Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten, Berlin: hanserblau.
Hasters, Alice (2020): Mückenstiche im System. Zum Umgang mit Alltagsrassismus, in: APuZ, 42-44, S. 4-7.
Hund, Wulf D. (2007): Rassismus, Bieleferld: transcript Verlag.